Es gibt ein paar Dinge, die hier in Lateinamerika einfach ganz anders sind als bei uns daheim. Einige davon stehen in dieser Liste
Im Fußweg klaffen teilweise so große Löcher, dass ein ganzer Fuß darin verschwinden könnte. (Ob es hier wohl so etwas wie Haftpflicht gibt?)
Zwei Materialien sind heiß begehrt: Beton und Stahl. An jeder Ecke kann man Schweißarbeiten sehen. Tische, Stühle, Treppen – einfach alles wird geschweißt.
Bäume? Außerhalb der Städte gibt es ganze Urwälder, aber in den quadratisch angelegten Städten findet man bestenfalls einen Baum im Park.
Und wo wir gerade bei Städten sind: Stellt euch mal vor, es gäbe keine Adressen. Die Adressen hier ähneln eher einer Wegbeschreibung: „In der dritten Straße gegenüber vom roten Supermarkt“. (Kein Witz!)
Die Preisstaffelung bei Transportmitteln funktioniert etwas anders. Oftmals wird pro Person bezahlt. Es kann auch passieren, dass der Taxifahrer unterwegs noch jemand weiteres mitnimmt. Ob man mit dem Bus die Kurzstrecke fährt oder eine halbe Stunde, ändert nicht zwangsläufig was am Preis.
Haltestellen wären eigentlich überflüssig. Eine Handbewegung und der Bus hält um Fahrgäste aufzunehmen oder rauszulassen.
Wir erleben eine ausgeprägte Offenheit und Herzlichkeit. Für ein kleines Gespräch ist immer Zeit.
In einem Hostel haben wir ein schickes Armband erhalten, das uns als Gäste ausweist und eigentlich beim Checkout durchtrennt wird. Weil es so hübsch war, hat Stefanie auf Nachfrage noch ein ganz neues bekommen. Eine Dauereintrittskarte in den Pool sozusagen.
Aus Neugier wird auch hin und wieder mal eine Frage zur deutschen Geschichte gestellt: „Ist das Dritte Reich eigentlich eine Politik oder eine Religion? Gibt es das noch?“
Das Busfahren in Nicaragua und Costa Rica erfordert manchmal blitzschnell von einem Bus in den nächsten zu wechseln und manchmal reichlich Geduld mitzubringen. Nachdem wir im Treehouse und der Laguna Apoyo waren, hieß es für uns wieder in Richtung Landesgrenze nach Costa Rica aufzubrechen.
Für die Strecke von der Laguna Apoyo mussten wir zunächst wieder nach Granada. Wir nahmen für diese Strecke ein Taxi und ließen uns in der Nähe der Post absetzen, um noch einige Postkarten aufzugeben.
Die Weiterfahrt hatten wir uns anschließend schneller vorgestellt. Es war 11 Uhr am Vormittag und das Fenster für den Verkaufspunkt des Busses Transnica war nicht besetzt. Ein Einheimischer erzählte mir, dass die Frau, die dort normalerweise Kunden bedient, meistens bei ihrer Schwester verweilt und wir klingelten dort. Leider war sie auch dort nicht aufzufinden und wir spielten mit dem Gedanken, zunächst einen Bus nach Rivas zu nehmen, um von dort weiter zum Grenzort zu fahren. Da allerdings auch der Bus nach Rivas erst gegen 13:30 Uhr fahren sollte, entschieden wir uns dafür, noch bei einem anderen Überlandbusunternehmen anzufragen, nämlich Ticabus. Dort bekamen wir die Information, dass um 13 Uhr ein Bus Richtung Grenze und von dort weiter nach San José fahren würde. Allerdings hatte dies einen gewaltigen Haken: obwohl wir nur bis La Cruz in Costa Rica fahren wollten, hätten wir den vollen Preis bis San José zahlen müssen. Und dieser hätte soviel betragen, als ob wir ein Taxi die 2 1/2 Stunden bis zur Grenze genommen hätten.
Als wir schließlich wieder beim geschlossenen Transnica vorbeischlenderten, rief man uns zu sich. Eine ältere Dame griff zum Telefon und teilte mit, dass zwei Turisten den Bus um 14 Uhr nehmen wollten und man bat uns in ihrem Wohnzimmer zu warten. Aha, also würden wir um 14 Uhr zur Grenze aufbrechen können.
Schließlich trudelte irgendwann die Frau vom Schalter ein und schloss uns auf. Außerdem rief sie den Busfahrer an und erfuhr, dass der Bus später kommen würde (schätzungsweise um 14:30 Uhr). Es hieß also wieder warten und ich hoffte, wir würden den Grenzort noch im Hellen erreichen.
Gefühlt haben wir mittlerweile schon mehr Zeit mit Warten auf Busse verbracht, als dass wir gefahren wären. Es ist auf jeden Fall eine ordentliche Portion Geduld gefragt. Die Locals kommentieren meistens:
„Ya viene.“ (Gleich kommt er)
„Ya falta poquito“ (Jetzt fehlt nicht mehr viel)
Dabei kann „Ya viene“ durchaus 30 Minuten weitere Wartezeit bedeuten.
Kurios war noch, dass an der Grenze die Pässe aller Passagiere eingesammelt wurden und als Stapel den Grenzbeamten zum Abstempeln gereicht wurden. Defakto wurde unsere Identität bei der Ausreise gar nicht überprüft. Aber so ging es schneller und nachdem der Bus durch weitere Grenzbeamte inspiziert wurde, erhielten wir unsere Pässe samt Ausreisstempel für Nicaragua wieder.
Die Einreise nach Costa Rica war anschließend wie immer freundlich. Wir bekamen sogar einen Reisetipp. Für alle, die grenzüberquerend in Zentralamerika reisen, hier noch ein Ratschlag: immer das Ausreiseticket zum Vorzeigen bereithalten und außerdem eine Adresse einer Unterkunft am Zielort.
Wir kamen übrigens noch im Hellen über die Grenze, wo sich Geldwechsler sowie Hängematten- und Mobilfunkverkäufer tummelten. Als wir schließlich in La Cruz den Bus verließen, war es bereits stockdunkel. Wir fanden kurzerhand ein Taxi, das uns zu einem Hostel fuhr. Während des stundenlangen Wartens hatten wir bereits beschlossen, die Nacht lieber in La Cruz zu verbringen.
Alles in allem gilt es ein Gefühl für die lokale Sprache zu entwickeln. Denn mit „gleich“ ist hier eben manchmal eine Stunde gemeint.
Der „Rote Posten“ (Poste Roja) ist der Name einer Dorfgemeinschaft, auch wenn es eher nach dem Decknamen eines Geheimbundes klingt. Und tatsächlich ist die folgende Geschichte nicht wenig geheimnisvoll.
Wenn du diesen Artikel liest, wirst du höchstwahrscheinlich auf einen Laptop oder ein modernes Tablet blicken. Du befindest dich in einem Raum, der zentral beheizt wird, ohne dass dir der Rauch eines Feuers Tränen in die Augen treibt. In relativer Nähe wird ein mehr oder weniger gefüllter Kühlschrank stehen, in dem sich frische Lebensmittel befinden. Wenn du an einem kleinen Hebel drehst, kommt trinkbares Wasser in beliebig gewählter Temperatur aus einem Hahn. Und falls dir wirklich mal etwas fehlen sollte, gehst du zu einem (ausgebildeten) Arzt, legst eine kleine Plastikkarte auf den Tresen und nennst deine Beschwerden.
Glückwunsch! Damit lebst du wahrscheinlich besser (wenn auch nicht unbedingt ökologischer) als große Könige vor wenigen hundert Jahren – und ziemlich sicher besser als der Großteil der Weltbevölkerung.
Während unseres Baumhausaufenthalts nutzen wir die Gelegenheit, an einer Community-Tour teilzunehmen und erfahren dabei viel über die Geschichte des Baumhauses sowie das Leben der Menschen im Dorf „Roter Posten“.
Vor ungefähr zehn Jahren kaufte ein Reisender ein Stückchen Land mitten in einer abgelegenen Ecke am Rande des Dorfes. Für die ansässigen Menschen war das wie ein Schock, denn bis dahin hatten die meisten noch nie weiße Menschen gesehen und einige hielten sie tatsächlich für Geister. Leider handelte es sich bei diesem Reisenden um eine besonders garstige Person und noch heute erzählt man sich manche schlimme Geschichten – ein richtiges Ekel. Erwiesener Maßen bekannt ist allerdings, dass fortan mehrfach wöchentlich laute Partys mit vielen Menschen und viel Alkohol sowie lauter Musik im Dschungel gefeiert wurden. Eines Tages ist er dann nach einer Party betrunken zurück in die Stadt gefahren und hat dabei einen Verkehrsunfall verursacht, bei dem ein Einheimischer getötet wurde. Er beging Fahrerflucht, doch zum Glück wurde er dennoch geschnappt. Allerdings musste er nur neun Monate ins Gefängnis und eine wie man munkelt größere Summe Geld zahlen, wobei hierzu nichts Offizielles bekannt ist. Angeblich hat er heutzutage Einreiseverbot in Nicaragua.
Heute wird das „Treehouse Hostel“ von einem anderen Besitzer geführt, der nach und nach die Baumhäuser gebaut bzw. ausgebaut hat. Das Vertrauen der lokal Ansässigen wurde schrittweise durch Unterstützung der Community zurückgewonnen und dennoch bleibt die Koexistenz aus Dorf und Hostel eine bizarre Kombination. Denn auch wenn sich das Verhältnis zum Positiven geändert hat, findet noch einmal die Woche freitags der „Jungle Rave“ statt, was eine wilde berüchtigte Party ist, deren Bässe bis in die Morgenstunden über das ganze Tal dröhnen.
Von oben aus dem auf einem Hügel gelegenen Baumhaus betrachtet, ist zunächst einmal gar kein Dorf erkennbar, sondern nur dichter Dschungel. Dass hier irgendwo Menschen leben, ist nur an den vielen kleinen Rauchsäulen zu erkennen, die am Nachmittag empor steigen, wo Blätter und Müll verbrannt werden. Aber der Reihe nach… Zunächst einmal ist Dorf nicht ganz das richtige Wort. Es handelt sich eher um Hütten aus Betonwänden mit Wellblechdächern. Diese erstrecken sich in unregelmäßigen Abständen durch das ganze Tal. Interessanter Weise scheint es so, als ob die Bäume auf den Grundstücken stehen gelassen wurden. Hier und dort hängen ein paar Früchte und Hühner laufen durch die Gegend. Mir ist allerdings schleierhaft, wovon die Menschen hier leben. Einen Beruf im klassischen Sinne unserer Vorstellung scheinen sie nicht zu haben und dass die paar Früchte zum Leben reichen, halte ich für unwahrscheinlich.
Das Gesicht hinter der Community-Arbeit ist Elen. Sie kam als Reisende hierher und arbeitete eine Weile im Hostel. Über die Zeit hat sie dann die Kontakte zur Community geknüpft. Die Einnahmen aus der Führung sowie weitere Spenden werden genutzt, um die Menschen vor Ort zu unterstützen. Welche Projekte angegangen werden, wird gemeinsam entschieden. Beispielsweise wurden in den letzten Monaten diverse Häuser ausgebessert und die Schule gefördert. Auch bei gesundheitlichen und sozialen Themen gibt es Beratung. So wurde eine Kampagne zur gesunden Ernährung gestartet, welche speziell auf die verfügbaren Lebensmittel abgestimmt ist.
An dieser Stelle beende ich den Artikel und lasse Bilder sprechen.