Die perfekte Welle

Ich liege in der Hängematte am Strand, überdacht und vor der harten Sonnenstrahlung geschützt. Der Weg hierher war nicht leicht: Der Sand ist so heiß, dass meine Füße auf den wenigen Metern hierher beinahe durchgebraten sind. Nun lasse ich den Blick über den Pazifik schweifen und lausche den rhythmisch gleichmäßig rauschenden Wellen.

Von hier aus betrachtet besteht die See aus einer silbern funkelnden Fläche, die sich bis an den Horizont erstreckt. Eine kleine Unendlichkeit. Langsam zeichnet sich in einiger Entfernung eine unscheinbare, parallel zum Strand verlaufende Kante gegen das ansonsten homogene Funkeln ab. Nach und nach schleicht sich diese Kante näher an den Strand heran und gewinnt währenddessen immer weiter an Höhe. Mehr und mehr baut sich nun wie aus dem Nichts ein Wasserberg auf und saugt augenscheinlich die zurückströmende Gischt der letzten Welle an, die nun an der entstehenden Wellenfront empor wandert. Mit jedem Meter wird der Turm größer, während sich die Oberkannte langsam aber unaufhaltsam nach vorne neigt. Einen kurzen Augenblick noch zittert der Kamm, bevor die Welle bricht und mit Getöse über sich zusammenstürzt. Jetzt verwandelt sich das Wasser in einen brodelnden weißen Schaum, der auf der Wasseroberfläche zu gleiten scheint, bis er schließlich den Strand überspült.

Das war die romantisch ausgeschmückte Variante von Land aus betrachtet. Es folgt die etwas andere Perspektive eines Surfanfängers im Wasser.

Meine Arme brennen schon vom vielen Paddeln. Kaum habe ich ein paar Sekunden verschnaufen können, rauscht die nächste Welle heran. Schnell mit einer liegestützartigen Bewegung aufrichten, um nicht vom Board gespült zu werden. Und dann wieder paddeln. Das wiederholt sich bis irgendwann mal die sprichwörtlich perfekte Welle auftaucht (die in der Realität gerne eine Weile auf sich warten lässt). Nicht zu groß und nicht zu klein. Der voraussichtliche Brechungspunkt an der richtigen Stelle, usw. Dann ist es soweit: Schnell umdrehen und ausrichten. Wieder paddeln – dieses Mal um Schwung zu holen. In der Sekunde, in der das Board erfasst und hinten angehoben wird, heißt es dann den Oberkörper hochzudrücken und auf die Füße zu springen. Doch schon beim Aufrichten taucht die Spitze zu weit ein und die Welle fegt mich vom Brett. Wasser schießt in meine Nase während ich wie in einer Waschmaschine umhergewirbelt werde. Und dann geht’s von vorne los.

In zwischenzeitlich insgesamt vielleicht sechs Übungsstunden sind mir vielleicht gerade mal zehn Starts geglückt – die dann zu Gleitfahrten zwischen einer und fünf Sekunden Dauer geführt haben. Deprimierend. Der einzige Trost besteht darin, dass es allen so zu gehen scheint. Bis zum Fortgeschrittenenstatus werden wohl noch ein paar weitere Urlaube fällig, denn nun geht es bald ins Landesinnere.

Hasta luego
Stefan

PS: Und hier auf den Fotos sind nur die Babywellen zu sehen…

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